Montag, 15. Januar 2018

15. Januar




Die Nadaphysique ist eine positive Wissenschaft. Sie betrachtet die Welt mit einer aufgeschlossenen Sichtweise, die jegliche Interpretation über unsere Existenz bzw. Nichtexistenz und deren Entstehung zulässt,
woraus sich folgende Definition ergibt:
Die Nadaphysique ist die Wissenschaft von der Existenz der NICHTexistenz und der NICHTexistenz der Existenz.
Bei ihren Beobachtungen nähert sich die Nadaphysique dem Nada, dem NICHTS, von möglichst vielen Seiten.
So analysiert sie unter anderem:
Personen und Dinge, die zwar da sind, aber NICHT existieren, weil sie NICHT zu sehen sind oder NICHT wahrgenommen werden.
Dinge und Personen, die NICHT von allgemeinem Interesse sind.
Personen, die NICHT mehr unter uns weilen, weil sie verschwunden oder vergessen oder verstorben oder noch nicht geboren sind.
Personen, die eine Tätigkeit warum auch immer NICHT ausüben können oder wollen.
Dinge, die NICHT oder NOCH NICHT passiert sind oder NICHT passieren sollten.
Und jede Menge anderer Dinge, die aufgrund ihrer NICHTigkeit eine nähere Beleuchtung verdienen.

Gerade in einer Zeit der Wort-, Bilder- und Tonflut, der nicht enden wollenden Überhäufung mit Internetplattformen, Büchern, Werbesprüchen, Fotos, Musikberieselung und Selfies, aber auch Konsumgütern, Hinweis- und Verbotsschildern, eines nicht aufzuhalten scheinenden Bevölkerungswachstums und der Umweltzerstörung ‒ einer Zeit also, in der aufgrund der unermesslichen Potenzierung von Dingen vieles übersehen wird und damit der Gefahr unterliegt, bedeutungslos zu sein ‒ ist es der Nadaphysique ein besonderes Vergnügen, eben genau diesen vernachlässigten Dingen ein besonderes Augenmerk zu schenken.

Angefangen hat alles im Kopf von Ariston Baton, einem Schriftsteller, der aufgrund einer ihn heimsuchenden Schlafkrankheit seit frühester Kindheit mit (dazu später mehr) eigenwilligen, neu entwickelten Poesie- und Prosaformen spielte. Irgendwann ließ ihn die Vorstellung nicht mehr los, dass es uns und das uns umgebende Universum entgegen jeglicher altbekannten wissenschaftlichen Behauptungen womöglich gar nicht gibt. Wer kann beweisen, dass wir nicht Teil eines Traums sind?, hat er sich gefragt. Oder der puren Fantasie eines einzelnen Wesens entspringen. Dass wir bereits gestorben sind und in der Totenwelt leben. Oder in gar keiner Welt.
Alles ist möglich, so Ariston Batons Gedanken (die aus einer Laune heraus entstanden sind), oder alles ist unmöglich. Oder beides gleichzeitig. Oder keines von beiden.  
Ariston Baton fand nicht nur umgehend einen Namen für seine Wissenschaft, sondern auch schon bald neue Freunde, die seine Vorstellung teilten und mit denen er ohne zu zögern einen Bund einging, den sie gemeinsam die Equipe Nadaphysique nannten. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten, neben Ariston Baton selbst: der japanische Fotograf und Filmemacher Vizudaru Nono; der amerikanische Musiker und Komponist Sugar Ray Buckmiller; und der Übersetzer Fin Hildrich-Löderer. Zu einem späteren Zeitpunkt kamen der russische Maler Nikto Nietschinski und eine unter dem Namen „Baronin E“ fungierende Kuratorin hinzu.
Jedes der sechs Mitglieder hat sich seither seinem ihm vertrauten Gebiet der Nadaphysique verschrieben und eigene Versuche gestartet, sich dem NICHTS, sprich dem NADA, auf spielerische Weise zu nähern und damit neue, spannende Abenteuer zu erleben und eigenwillige Kreationen zu schaffen.

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